Über Sehnsucht

Wonach sehnst du dich? Was ist das Sehnen in dir? Das ist eine zentrale Frage, vielleicht sogar eine fundamentale. Ich glaube, dass es eigentlich keinen Menschen gibt, der sich nicht nach irgendetwas sehnt oder nach irgendwem. Wir sehnen uns nach Dingen, wir sehnen uns nach bestimmten Haltungen. Wir sehnen uns nach Menschen. Wir sehnen uns nach Tieren, Orten, Gefühlen. Sehnsucht ist der Ruf der Seele …

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Das Wort Sehnsucht besteht aus zwei Teilen: Es gibt einmal das „Sehen“ und einmal das „Suchen“, das heißt, ich sehe etwas vor mir, in mir, vor meinem inneren Auge. Oder ich spüre etwas in mir, was in mir eine Suche auslöst, danach, dass ich genau DAS einfach haben möchte. Dadurch wird die Sehnsucht für unser Leben so etwas wie ein ganz, ganz großer Motor. Also etwas weiter zu entwickeln, weiter zu kommen, den nächsten Schritt zu tun, zu schauen, welche Richtung ist in meinem Kurs, in meinem Leben die Richtige, wo ich wirklich hinwill.

Sehnsucht ist der Motor für´s Tun

Vielleicht ist Sehnsucht der Ausdruck dessen, was unserem Leben Sinn und Richtung gibt und Entwicklung ermöglicht. Ich stelle mir gerne vor, dass wir irgendwann mal in irgendwelchen Höhlen gesessen oder auf Bäumen gelebt haben und dann diese Idee aufkam, doch etwas anderes, etwas mehr zu können als nur dies! Diese Sehnsucht nach etwas Weiterem, etwas Neuem, etwas zu entwickeln, macht sehr deutlich, dass sie ein Motor ist, Dinge zu erfinden, neu anzupacken, in unserem Leben Punkte zu schaffen, in denen diese Sehnsucht Wirklichkeit wird.

Sehnsucht sprengt Grenzen

In der Trauer ist unsere Sehnsucht die Kraft, die uns schmerzt, bis wir den geliebten Menschen in unseren Herzen neu wiedergefunden haben. Das heißt, Sehnsucht ragt auch über unser normales Leben, über unseren Alltag hinaus, ragt ins Unendliche. Das hat auch mit Sinn und Richtung zu tun.

 

 

Sehnsucht treibt uns …

… immer weiter und weiter. Nehmen wir die Partnerwahl. Was ist zuerst da? Die Partner oder der Partner oder die Idee? Ich möchte eine Partnerin, einen Partner, einen guten Freund haben und die Idee wird sich weiterentwickeln in Richtung einer Suche. Also das heißt, die Suche, die Sehnsucht kommt sogar vor der Partnerwahl, bevor ich mich entscheide. Das andere ist natürlich, dass unsere Sehnsucht letzten Endes auch immer wieder unsere Zufriedenheit untergraben kann, also die Sehnsucht uns immer weitertreibt. Wir suchen doch noch mal etwas Neues. Manchmal habe ich so das Gefühl, dass ich meine Sehnsucht gar nicht aktiv starte, sondern es sehnt sich etwas in mir und wenn ich das dann habe, treibt sie mich weiter.

„Die Sehnsucht ist es, die unsere Seele nährt, und nicht die Erfüllung.“ Arthur Schnitzler

Und es taucht immer vor meinem Auge genau das auf, was ich vielleicht gerade nicht habe. Wenn ich eine Verbundenheit habe, dann suche ich vielleicht Zeit für mich alleine. Und wenn ich viel Zeit alleine habe, sehne ich wieder nach Gesellschaft. Das heißt, unsere Sehnsucht hat nicht nur positive Aspekte, sondern auch negative Auswirkungen, dass wir uns in dem, was gerade ist, gar nicht besonders wohlfühlen, sondern nach etwas anderem sehnen.

Destruktivität der Sehnsucht

Ich glaube, Sehnsucht ist irrational. Die ist doch gar nicht wirklich logisch. Viele Menschen sehnen sich zum Beispiel nach Natur und Freiheit und allem, was damit zusammenhängt, ja, vielleicht auch nach einem wilden Leben. Und gleichzeitig sind viele Menschen Experten darin, unsere Natur zu zerstören. Das heißt, wir sehnen uns auf der einen Seite nach etwas, was wir auf der anderen Seite vielleicht gar nicht leben und sogar zerstören. Wir sehnen uns nach Beziehung, wir sehnen uns nach Freundschaft und gleichzeitig zerstören wir diese Beziehung und diese Freundschaften wieder. Deswegen finde ich das einen guten Punkt, um einmal innezuhalten.

Horche in dich hinein

Wonach sehnst du dich? Sehnsucht sollte nicht etwas sein, das etwas mit dir macht, sondern aufzeigt: Ja, Sehnsucht ist etwas für mich, ich kann sie begreifen, auch steuern, ich kann sie sehen und mitnehmen in meinem Leben, ich kann etwas beitragen und bin nicht immer nur quasi Objekt meiner eigenen Sehnsucht. Mach dir bewusst, wonach du dich sehnst und was deinen Kurs in deinem Leben bestimmt. Dein Kurs in deinem Leben hat sicherlich ganz viel mit deiner Sehnsucht zu tun.

Möchtest du mit mir darüber ins Gespräch kommen? Dann melde dich. Ich freue mich. Bis dahin verabschiede ich mich mit Johann Wolfgang von Goethe:

„Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, was ich leide!“